Artikel BZ 2013

Posted by admin on August 1, 2013

Sport im Hochsommer ist besonders angenehm, wenn man sich dabei auf oder im Wasser befindet. Beim Kanu-Club Bietigheim kann man die Enz entlangpaddeln. Im ersten Teil unserer neuen Serie über typische Sommer-Sportarten dreht sich alles ums Kanufahren.

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Kanu fahren kann man nicht nur auf der ruhigen Enz, sondern auch in wilderen Gewässern. Ole Riexinger vom Kanu-Club Bietigheim ist auf Wettkämpfen in ganz Deutschland unterwegs.

Idyllisch schlängelt sich die Enz zwischen den Büschen und Bäumen hindurch, das feuchtschwüle Klima im Sommer lässt die Umgebung fast tropisch wirken. Doch im Fluss schwimmen nicht etwa Alligatoren - sondern Kanus. Denn hier hat der Kanu-Club Bietigheim seinen Platz für Bootshaus und Trainingsstrecke gefunden. Der 1954 gegründete Verein hat fast 400 Mitglieder. Neben intensivem Training stehen auch Ausflüge, Flusswanderungen und Wildwasserabfahrten auf dem Programm. Übrigens: Der KC Bietigheim hatte einmal das höchste Bootshaus der Welt. Denn früher waren Boote und Ausrüstung in den Brückenpfeilern des Bietigheimer Viadukts gelagert.

Aber worum geht es eigentlich beim Kanufahren? Kanu sei zunächst ein Oberbegriff für Boote ohne befestigtes Paddel, erklärt Jugendtrainer Patrick Reyinger. Sowohl Kajaks als auch Canadier fallen unter diesen Begriff: Kajaks haben Doppelpaddel mit zwei Paddelflächen, Canadier, in denen die Sportler meist auf Knien sitzen, haben nur ein Stechpaddel mit einer Paddelfläche. Außerdem gibt es laut Reyinger die Disziplin Freestyle, bei der verschiedene Figuren gefahren werden, oder Drachenboote, in denen bis zu 18 Mann Platz finden.

Beim Slalom gehe es darum, auf einer Strecke eine bestimmte Anzahl von "Toren" in der richtigen Reihenfolge so schnell wie möglich zu durchfahren. "Grün-weiße Tore müssen stromabwärts durchfahren werden, rot-weiße Tore gegen die Strömung. Wird ein Tor berührt, gibt das zwei Strafsekunden, beim Auslassen eines Tores sogar 50. Von drei Läufen werden jeweils die zwei besten gewertet", erklärt Reyinger. Dies kann sowohl in Flachwasser als auch in Wildwasser stattfinden.

Kanu fahren ist - zumindest wenn man es ernsthaft betreibt - ein zeitaufwendiges Hobby. Am Wochenende werden Wettkämpfe in ganz Deutschland gefahren, teilweise ist der Kanu-Club sogar bei internationalen Wettkämpfen dabei. Wie oft trainiert wird, hänge aber auch von den Ambitionen des Einzelnen ab, so Reyinger. Anfänger und Schüler trainierten in der Regel zweimal in der Woche, bei den Herren könnten es bis zu elf Trainingseinheiten werden.

So ist das zum Beispiel bei Ole Riexinger aus Erligheim der Fall. Wie fast jeden Tag ist er mit dem Boot auf der Enz unterwegs. Mit Geschwindigkeit paddelt er auf die Tore der Trainingsstrecke zu, kurz vor einem Tor wird das Paddel unter Wasser gedrückt. Der hintere Teil des Boots schiebt sich unter Wasser, das Kanu dreht, und innerhalb von Sekunden ist er unter dem Tor hindurchgefahren.

Der Schüler fährt mit um die deutsche Meisterschaft, scheiterte vor Kurzem aufgrund einer Fingerverletzung nur haarscharf vor dem Finale. Im Sommer ist Riexinger fast jedes Wochenende bei einem Wettkampf. Um fit zu bleiben, trainiert er meist schon morgens vor der Schule, macht zum Beispiel Ausdauertraining und geht joggen. Abends steht dann das Training im Boot auf dem Plan. Viel Zeit für andere Dinge bleibt da nicht mehr. Deshalb wird Riexinger ab dem Herbst die Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule in Stuttgart besuchen, ein Berufskolleg für Sport. Dort bleibt neben der Schule noch genügend Zeit für richtiges Training.

Das Training sei auch deshalb so intensiv, weil beim Kanufahren eine Mischung aus Ausdauer, Schnelligkeit, Kraft und vor allem Technik benötigt werde, so Reyinger. Deshalb gibt es Ausdauereinheiten, Technik-Training und Krafttraining im Kraftraum. Kanu als Sommersportart vorzustellen, ist eigentlich nicht ganz richtig. Denn die hartgesottenen Fahrer trainieren auch im Winter. "Training ist immer, wenn nicht gerade die Enz zugefroren ist", bestätigt der Jugendtrainer. Allerdings werden weniger Einheiten trainiert, der Schwerpunkt werde auf Ausdauer und Kraft gelegt, und Wettbewerbe fänden im Winter kaum statt.